12. Februar - Russland: Die Jungfrau Maria in ihrer Ikone Iverskaia

„Was ich meiner Mutter antworte“

Maria Valtorta (1) berichtet von den Worten Jesu, als er im Tempel wiedergefunden wurde:

„Du siehst Marias Schmerz, als sie in dem Moment, da die Gruppen der Männer und der Frauen wieder zusammenkommen, erkennen muss, dass ich nicht bei Josef bin. Sie lässt sich nicht zu harten Anschuldigungen gegen ihren Mann hinreißen. Das hätten alle Frauen getan. (...) Aber ihr verhaltener Schmerz ist so offensichtlich, wenn man das Zittern sieht, das sie erfasst, die Blässe ihres Gesichts, ihre geweiteten Augen, dass er mehr bewegt, als wenn sie geweint oder geschrien hätte. Sie fühlt keine Müdigkeit und keinen Hunger mehr. Sie lässt alles zurück: den Liegeplatz, den man vorbereitet hatte, das Essen, das verteilt werden soll. Sie geht den Weg zurück, den sie gekommen ist. Es ist Abend und es wird dunkel. Das spielt keine Rolle. (…)

Dann, nach drei Tagen, Symbol für die drei Tage ihrer künftigen Qualen, betritt Maria am Ende ihrer Kraft den Tempel, überquert Höfe und Vestibüle. Hier hört Maria, jenseits der Mauer von Menschen, die liebe Stimme, die sagt: Diese Steine werden erbeben... Sie versucht, sich durch die Menge zu kämpfen und es gelingt ihr nach viel Mühe. Da ist er, ihr Sohn, die Arme geöffnet sitzt er mitten unter den Lehrern. Maria ist die kluge Jungfrau, aber dieses Mal lässt der Kummer sie alle Zurückhaltung vergessen. Es ist ein Hurrikan, der jedes Hindernis hinwegfegt. Sie rennt zu ihrem Sohn, küsst ihn, reißt ihn von seinem Sitzplatz hoch und lässt ihn wieder herunter, während sie ruft:

Oh! Warum hast du uns das angetan? Seit drei Tagen sind wir unterwegs und haben nach dir gesucht. Deine Mutter stirbt vor Kummer, mein Kind. Dein Vater kann sich vor Müdigkeit kaum auf den Beinen halten. Warum, Jesus? 

Wer berufen ist, den fragt man nicht nach dem „warum“, der Berufene lässt alles hinter sich und folgt der Stimme Gottes. Ich war die Weisheit und ich wusste es. Ich wurde zu einer Sendung „berufen“ und ich habe sie erfüllt. Über dem irdischen Vater und der irdischen Mutter steht Gott, der göttliche Vater. Seine Interessen haben Vorrang vor den unseren, seine Zuneigung steht vor allen anderen. Das ist es, was ich meiner Mutter antworte.

Ich beende die Lehrstunde für die Gelehrten, indem ich Maria, die Königin der Gelehrten, lehre. Und sie hat es nie vergessen. Die Sonne ist in ihr Herz zurückgekehrt, während sie meine Hand hält, demütig und gehorsam, aber meine Worte bleiben tief in ihr Herzen eingeschrieben. Viele Freuden und viele Sorgen und Tränen werden sich in diesem Herz in den nächsten 21 Jahren abwechseln, aber sie wird nicht mehr fragen: Warum hast du uns das angetan, mein Sohn?“

 

(1) Maria Valtorta ist eine katholische Mystikerin, sie gehört zum Dritten Orden der Serviten, geboren am 14. März 1897 in Caserta, Italien und gestorben am 12. Oktober 1961 in Viareggio, Toskana (Italien).

Maria Valtorta

Aus dem 1. Band von Der Gottmensch

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