Der Engel Gabriel kam herab in einem himmlischen Licht. Das Licht umhüllte die Jungfrau Maria, und der Engel hatte ein derart leuchtendes Gewand, dass ich nichts auf Erden damit vergleichen kann.
Als sie das Licht der Augen seines Leibes sah, blickte sie auf und wurde von Furcht erfasst. Da sie den Engel anschaute, fand sie auf seinem Antlitz den Widerschein ihrer Keuschheit. Sie stand aufrecht, bescheiden, ganz Ohr und mit aufmerksamen Sinnen.
Dann grüßte sie der Engel und verkündete ihr Gottes Willen: seine Worte gefielen dem Herzen der Allerseligsten Jungfrau, sie erfüllten ihre Sinne und entflammten ihre Seele; dennoch ließen ihr jungfräuliches Schicklichkeitsempfinden und ihre Liebe zu Gott sie um eine Erklärung bitten.
Nachdem sie belehrt worden war, öffnete sie ihr Herz voll guten Willens, dann kniete sie nieder und sprach: „Ich bin die Magd des Herrn, mir geschehe nach deinem Wort.“ Daraufhin durchdrang die ganze Dreifaltigkeit mit der Macht der Göttlichkeit, dem guten Willen der Menschheit und dem Adel des Heiligen Geistes ihren ganzen jungfräulichen Leib.
Selige Mechthild von Magdeburg (†1282)
Übersetzung aus dem Französischen