Meine Großmutter, die aus dem Bigoudéne (Bretagne, Frankreich) stammt und mündliche Zeugin dieser Geschichte ist, hat sie mir mehrfach erzählt. Sie ist einfach und spricht für sich.
Genau oberhalb vom Strand von Penhors (Finistère, Frankreich) steht eine Statue der Muttergottes aus Granit, die auf das Meer schaut und die Wellen segnet. Seit Jahrhunderten findet jedes Jahr im September das „Pardon“ (Prozession in der Bretagne) bei der Kapelle statt, die wenige Schritte von der Statue entfernt ist. Und seit Jahrhunderten verehren sie die Bigouden und rufen sie an.
Während des Kriegs 1939-45 fielen die Deutschen in die Bretagne ein. Eine Abteilung der Wehrmacht machte sich eines Tages daran, der Statue den Kopf abzuhauen und ihn weit weg ins Meer zu werfen. Am nächsten Tag, großes Erstaunen, das Meer hatte den Kopf auf den Sand zurückgespült, genau vor die Muttergottes.
Im Glauben, dass die Einheimischen sich wichtig tun wollten, nahmen die Deutschen den Kopf und warfen ihn zurück ins Meer, noch weiter weg. Am zweiten Morgen hatte das Meer ihn wieder am gleichen Platz angespült. Zornig fuhren sie hinaus auf See und warfen ihn von neuem hinein. Sie waren sicher, dass er nicht wieder auftauchen würde. Aber im Morgengrauen war er wieder da, am selben Platz.
Sie bekamen solche Angst, dass sie die Statue sofort reparierten. Danach hat sie sich nie wieder bewegt. Heute noch kann man unten am Kopf einen dünnen, feinen Riss erkennen.
Caroline HARDOUIN
Für Marie de Nazareth